„Darf ich den anfassen?“ Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck ging auf Tuchfühlung und schnupperte eine Woche lang Stallduft auf Höfen und landwirtschaftlichen Produktionsstätten, wie hier mit Bullenbetreuer Bahne Carstens beim Blick in den Bullenstall der Rinderzucht RSH in Gönnebek.

Schleswig-Holstein / Kreis Plön / 11.07.2013

Eine Woche lang stand jetzt für Landwirtschaftsminister Robert Habeck Stallduft auf dem Terminplan. Dabei besuchte Habeck auch die Bullenaufzucht- und Besamungsstation der Rinderzuchtgenossenschaft Schleswig-Holstein (RSH) in Gönnebek und Schönböken im Kreis Plön. Zur Rundreise des grünen Ministers, der als Dr. der Philosophie, Schriftsteller und Politiker wie viele andere Menschen auch fern der Landwirtschaft groß geworden ist, war vieles neu in dieser Woche. Auch wenn der erste direkte Blick in den Stall eines Schweinemästers zunächst allein durch die Masse an „Fleisch“ erschüttere, sei ihm der Blick in die Wirklichkeit wichtig, meinte Habeck.

Der Besuch bei den Milchbauern, Schweinehaltern, auf dem Schlachthof und den Zuchtbullenhaltern habe dazu beigetragen, Landwirtschaft in Schleswig-Holstein besser zu verstehen. „Mir ist aufgefallen, wie zugewandt und sorgsam die Landwirte mit ihrem Vieh umgehen“, meinte Habeck im Gespräch mit den Geschäftsleitern der RSH. Romantik im Stall habe er allerdings nicht erwartet und auch nicht gefunden.

Die gab es auch in Gönnebek im sogenannten Wartebullenstall und in der Besamungsstation in Schönböken nicht. Dafür eine Zuchtbullenhaltung mit viel Licht, Raum und einer Lage sauberem Stroh unterm Huf. Immerhin warten allein im Gönnebeker Stall der RSH rund 160 Bullen auf ihren Einsatz und die Bewertung als Deckbullen. In Schönböken stehen noch einmal etwa 110 Bullen, die in der schleswig-holsteinischen Rinderzucht eingesetzt werden. Allerdings dreht sich das Rad weltweit, erfuhr Habeck. Allein die RSH versendet allein für Erstbesamungen rund 240.000 Portionen Bullensperma im Jahr.

Zucht auf höchstem Niveau ist auch praktischer Tierschutz, erfuhr Minister Robert Habeck (Mitte) im Gespräch mit Matthias Leisen und Dr. Erwin Hasenpusch (von links) von RSH.

Bereits ein Blick auf die DNA der Bullen ist praktischer Tierschutz, erklärte Karl-Heinz Boyens von RSH. Durch die selektive Zucht werde unter anderem vermieden, einen Bullen bei Jungkühen einzusetzen, der Riesenkälber macht. Das beuge Schwerkalbigkeit und Totgeburten vor. Moderne Tierhaltung habe eben nicht nur Schattenseiten, wie es mitunter scheinen mag, meinte Boyens. Dass die Diskussion häufig eine verlogene sei, warf auch Habeck in die Runde. Eines müsse klar sein: Die Billigpreise und Lockangebote der Supermarktketten seien offensichtlich eben nicht auf Bullerbüniveau auf den Höfen zu produzieren, meinte der Minister. Das süße Ferkel unterm Apfelbaum, das als Bild selbst den Statistik- und Datenbericht für den Landwirtschaftsminister schmückt, habe jedenfalls spätestens nach dem Blick in die Praxis ausgedient. Die Wirklichkeit sieht anders aus als die nüchternen Zahlen und Fakten, meinte Habeck.

Zu verbessern gebe es sicher nicht nur in der Marktlage, sondern auch in der landwirtschaftlichen Produktion nach wie vor einige Dinge. So bleibe es für ihn nach wie vor fraglich, ob Ställe mit 10000 Schweinen wirklich sein müssen machen. Sinnvolle Veränderungen, meinte Habeck, scheinen jedenfalls eher in Allianz mit der Landwirtschaft, als anders machbar zu sein.