Jagen ist Erleben mit allen Sinnen. Die Stunden zwischen Mond und Dämmerung haben dabei ihren ganz eigenen und besonderen Reiz.

Jagen ist Erleben mit allen Sinnen. Die Stunden zwischen Mond und Dämmerung haben dabei ihren ganz eigenen und besonderen Reiz.

Jagen ist weit mehr, als nur mit Flinte und Hund durch das Revier zu streifen. Jäger erleben Sternstunden, die unvergessen bleiben und tauchen in Erleben ein, das sonst die Sinne nicht erreicht. Einige Menschen teilen diese Stunden mit ihnen. Soundscaper erstellen Tondokumente von der Landschaft.

Immer wieder wandert das lichtstarke Fernglas an das Auge des Jägers. Längst haben Dunst und Dämmerung in der hereinbrechenden Oktobernacht dem Auge des Jägers seine Grenzen aufgezeigt, bricht für das menschliche Auge die Stunde der Orientierungslosigkeit an. Nur die Erfahrung des Jägers und der erhöhte Sitz über der Erde verschaffen Sicherheit und verdrängen das vage Gefühl im Bauch. Noch steht der Mond nicht hoch am Himmel, dort wo ein halbes Jahr zuvor die Mittagssonne das Treiben um den Leitersitz beleuchtet hat. Noch ziehen dichte Wolken über das Birkendickicht und geben den Blick nicht frei auf das Geschehen rund herum. Jetzt in der Stunde von Höhlenbären und zentnerschweren Raubkatzen, die in längst vergangenen Zeiten das Revier der Menschen durchstreiften, erreichen verschüttete Erinnerungen den Jäger in der Nacht. Das leise Rascheln tappelnder Füße im trockenen Laub, der letzte Ruf der Dommel im Moor, zeugen vom Leben rundherum. Auch die Stadt im Hintergrund verstummt. Nur hin und wieder erinnert das leise Rauschen der Autobahn das Jägerohr und erinnert ihn an Zivilisation.

Wenn die Sonne untergeht und sich das Tuch der Dunkelheit langsam über das Land legt, entsteht eine ganz eigene Welt, mit Eindrücken, die am Tag überlagert werden vom geschäftigen Treiben rundherum.

Wenn die Sonne untergeht und sich das Tuch der Dunkelheit langsam über das Land legt, entsteht eine ganz eigene Welt, mit Eindrücken, die am Tag überlagert werden vom geschäftigen Treiben rundherum.

Immer wieder folgt das Auge seinem Drang zu durchdringen, was sich in Dunst und Dunkelheit verbirgt. Der alte Stubben – seit Jahren steht er da – rottet langsam vor sich hin und wird zum Schemen in der Nacht. „Hat er sich bewegt?“ Nein doch nicht, keine starke Sau, die aus der Tiefe des Dickichts drängt. Nur der alte Stubben eben, lang bekannt und fast ein lieb gewordener Freund, der stumm von seinem Platz her grüßt. Jetzt gilt es: Ohren auf. Entblößt vom geschäftigen Treiben der Menschen am Tag, wenn Baulärm, Straßenverkehr, das Geschnatter der Stadt verklingen, erreicht eine andere Welt des Jägers Ohr. Leise wie ein Schemen schwebt es heran, schlägt starke Krallen in Leben, das unvorsichtig genug zum Opfer wird. Der schrille Schrei in der Ferne verklingt – wohlbekannt dem Jägerohr. Die letzte Kaninchenklage verstummt unter des Uhus Schwingen und Leben raubenden Klauen. Mit allen Sinnen ist er jetzt dabei, der Jäger auf dem Leitersitz. Kennt jedes Geräusch und taucht ein in eine Welt, die sonst verschlossen bleibt. Manchmal bis zum Morgen, wenn früher Vogelgesang den Jäger aus dem Schlummer weckt und ein erster Sonnenstrahl durch Nebelwogen Tag verspricht. Doch nicht nur Jäger zieht es hinaus in die Welt der Sinne, in den Raum zwischen Dunkelheit und Laut.

Der gebürtige Bad Segeberger Lasse Marc Rieck, erstellt Tondokumente ganz besonderer Art. „Mich zieht es immer wieder in die Reviere zwischen Nord- und Ostsee“, sagt der Künstler, der heute in Frankfurt lebt. (Foto: A.Schultz)

Der gebürtige Bad Segeberger Lasse Marc Rieck, erstellt Tondokumente ganz besonderer Art. „Mich zieht es immer wieder in die Reviere zwischen Nord- und Ostsee“, sagt der Künstler, der heute in Frankfurt lebt. (Foto:Schultz_A.)

Lasse Marc Rieck ist einer der ihn teilt. Field Recording nennen die so genannten Soundscaper die Tonaufnahmen, die sie mit ihren Rekordern aufzeichnen und so ganz andere Landschaftsbilder festhalten. Tondokumente, die ganz ohne Bilder auskommen und beim Hören Raum für eigene Bilder lassen. Bilder, die sich aneinander reihen, wenn immer wieder Aufnahmen am gleichen Ort entstehen und so zu Zeitzeugen in Form von Tondokumenten werden. Erlebnisdokumente, die aufzeigen, wie sich die Landschaft und das Leben im Laufe von Jahren und Jahrzehnten verändern. Ganz gleich, ob das nicht in die Nacht passen wollende Abrollgeräusch der Reifen auf der Autobahn oder der nicht mehr erklingende Ruf der Dommel durch Stille das Mikrofon erreicht. Mit allen Sinnen erleben kann nacherlebt werden. Nachts allein am Waldrand oder Knick, an der Küste zwischen Wind und Welle oder auch im Internet unter: www.gruenrekorder.de , www.soundtransit.nl , www.lasse-marc-riek.de